Was du hier aufführst ist kurzfristige Rollmaterialplanung, nicht strategische langfristige. Das sind zwei komplett verschiedene paar Schuhe.audiofux hat geschrieben: Rollmaterialplanung bei der DB bzw. irgendwelchen involvierten Companies - zwei Beispiele:
Gerade in diesem Bereich läuft auch in der Schweiz nicht immer alles perfekt, weil er eben extrem schwer planbar ist. Im letzten Jahr waren die Züge durch den Gotthard Basistunnel häufig total überlastet, weil die SBB einfach nicht mit so viel Mehrverkehr gerechnet hat - obwohl vom Lötschberg bereits Erfahrungswerte bereitstanden.
Die Deutsche Bahn ist was Pünktlichkeit angeht aber auch besser als ihr Ruf - ich war auch schon öfters in Deutschland mit der Bahn unterwegs und dabei meistens auch pünktlich - sowohl Fern- wie auch Regionalverkehr.
Kosten lassen sich nun mal gerade beim Tunnelbau extrem schwer vorhersagen (und S21 ist ja in erster Linie ein Tunnelbauprojekt), da gibt es einfach zu viele Unbekannten. Die "realen" Kosten sind also am Anfang gar nicht bekannt, das ist immer eine Schätzung. Ich kenne die Berechnung vom Bundesrechnungshof nicht, aber ìch glaube, das sind auch keine Tunnelbauexperten.Klar, mit Rollator ist man nicht in der Rush-Hour unterwegs, aber die Verspätungen in der Nicht-Rush-Hour spielen in de Rush-Hour mit rein.
Um auf S21 zurückzukommen: da wird mit aller Macht was durchgesetzt, was SO niemand haben wollte, außer denen, die Kohle damit verdienen. Entschuldigung mal, ein privater Bauherr dürfte und würde nie loslegen, ohne die erforderlichen Genehmigungen zu haben?! Allein, dass gebaut wird, ohne für alles, was dann notwendig sein wird, die Genehmigung zu haben, kommt mir als Laien mit (hoffentlich...) gesundem Menschenverstand irgendwie seltsam vor.
Was auch ein massiver Unterschied im Vergleich zur Schweiz ist: In D und in der CH (glaube ich) muss das wirtschaftlichste Angebot genommen werden. Vom Prinzip her richtig. Wie erkennen Leute, die von der Materie keine Ahnung haben, was das Wirtschaftlichste ist? Da wird dann das auf dem Papier preisgünstigste Angebot genommen. In der Schweiz fallen aber sofort das Teuerste und das billigste Angebot raus, d.h. da wird dann eher mit reellen Zahlen zu arbeiten sein. Außerdem wird das Volk in der Schweiz viel mehr über Abstimmungen in die Projekte mit einbezogen. In D ist der vielgepriesene "mündige Bürger" aber nur da mündig, wenn er die Vorgaben gut heißt. Sonst hat er eben nicht den Einblick und ist daher unmündig...
Und bei allem, was hier vielleicht auch Stammtischgesülze ist: Fakt ist, das Ding wird so teuer, wären die realen Zahlen von Anfang an genannt worden, wäre das Ding so nicht zustande gekommen.
Julian, Du glaubst ja dem Streßtest, weil das ja ein seriöses Unternehmen ist (Argumentation nachvollziehbar, auch wenn ich die gestellten Voraussetzungen für nicht wirklichkeitsnah halte) . Wieso glauben dann (nach außen in Interviews) die Verantwortlichen für S21 nicht dem Bundesrechnungshof, der ja auch Ahnung von seiner Materie hat?
Auch in der Schweiz muss das wirtschaftlichste Angebot genommen werden - dass günstigste und teuerste fällt dabei NICHT automatisch raus, sondern muss ebenfalls bewertet werden. Oft ist es aber natürlich so, dass das günstigste Angebot zu viele andere Kriterien nur ungenügend erfüllt (wobei die Kosten in der Regel schon etwa die Hälfte der Bewertung ausmachen).
Die Leute, welche die Offerten bewerten, haben aber in aller Regel eine Ahnung von der Materie - gutes Beispiel Trambeschaffung Zürich: Das beste Tram wurde per Ausschreibung von den Fachleuten der Verkehrsbetriebe bestimmt, war das Bombardier Flexity. Der Regierungsrat war damit nicht einverstanden und verweigerte das Geld dafür - eine unabhängige Bewertung kam dann zum gleichen Schluss wie die Verkehrsbetriebe - das Flexity konnte beschafft werden. Resultat: mehrere Jahre Verspätung. Der Fehler liegt hier aber sicher nicht bei den Fachleuten, sondern bei den Politikern, welche kein Vertrauen in die Fachleute hatten - bei Kostensteigerungen ist das relativ häufig der Fall, inwiefern das bei S21 zutrifft weiss ich aber nicht.
Und wenn du schon die Abstimmungen ansprichst - über S21 wurde ja ebenfalls abgestimmt und es kam eine relativ deutliche Mehrheit für einen Weiterbau zustande (und kommt jetzt nicht wieder mit verfälschter Berichterstattung im Vorfeld und solchem Quatsch - das ist halt Politik, haben wir in der Schweiz vor jeder Abstimmung auch und trotzdem werden die Resultate danach akzeptiert)!
S21 wird jetzt durchgesetzt, weil man keine Alternative dazu hat ("Umstieg 21" ist nämlich definitiv keine, das wäre zwar günstiger, bringt aber keine Kapazitätssteigerung, der Kopfbahnhof wird dabei ja nicht vergrössert sondern behält seine 16 Gleise).
Das Logo von "Umstieg 21" finde ich übrigens super - Sackbahnhof als Sackgasse und daneben ein Pfeil, der den neuen Durchgangsbahnhof darstellt (sollte damit nicht eigentlich die Gegenteilige Aussage dargestellt werden? ).
Gruss, Julian